Also mit der chinesischen Bahn fahren ist schon ein Erlebnis. Es ist wenigstens genauso gut, wie in Japan. Die Hochgeschwindigkeitszüge fahren bis zu 280 km/h schnell, sind blitzblank und super pünktlich, mit viel Personal und Beinfreiheit und quietschen nicht. Es könnte richtig Spaß machen, wenn es da nicht einen gravierenden Makel gibt. Es gibt nur limitierte Tickets und die sind schnell ausverkauft, egal wie viele Züge fahren. Und man muss mindestens eine Stunde vor Abfahrt am Bahnhof sein, um Zeit genug fur die Sicherheitschecks zu haben. Zwei mal wird das Ticket kontrolliert, das mit dem Pass übrigens verbunden ist, und das Gepäck wird auch gescannt. Das ist ja alles okay und auch super organisiert, aber man verliert doch eine Menge Zeit. Übrigens sind auch die Bahnhöfe blitzblank. Vielfach mit Marmor verkleidet und ohne jede dunkle Ecke oder auch nur Graffiti an den Wänden. Wirklich vorbildlich. Allerdings gibt’s auch nur Hock- Toiletten, was für uns Europäer eigentlich gar nicht geht.
Jedenfalls machte ich heute einen Ausflug nach Chengde. Und dabei fiel mir auf, daß ich den gleichen Fehler, wie in den USA machte. Ich habe die Entfernungen wirklich unterschätzt. Und die Größenverhältnisse. Ich hielt Chengde für ein kleines provinzielles Nest mit nur einigen hunderttausend Einwohnern. Aber weit gefehlt: für chinesische Verhältnisse stimmt das zwar, aber für unsere halt nicht. Immerhin 3,5 Millionen Einwohner und ganze 250 km weit entfernt. Also habe Ich mich demzufolge auch mit der Zeit verkalkuliert. Ich hatte vor, den alten Sommerpalast und die umliegenden Tempel zu besuchen. gehört schließlich alles zum Welterbe. Aber wirklich geschafft habe ich nur den Sommerpalast. Alles andere wäre zu weit weg gewesen. Und da das so ein Provinznest ist, stand am Bahnhof auch nur ein Bus aber keine Taxi und auch keine Leih-Fahrräder. Es dauerte etwas, bis ich den Busfahrplan entziffern konnte und eine Möglichkeit fand, zum Sommerpalast zu gelangen. Der Bahnhof liegt nämlich auch noch 10 km von der Innenstadt entfernt. Immerhin hab ich’s dann doch geschafft. Unter Umgehung der App erstand ich schließlich auch das Ticket und konnte endlich in den Park. Also der Palast unterteilt sich etwas. Ein guter Teil, den ich besucht habe, liegt auf einem Seegebiet, weitere Gebäude sind etwas entfernt in Tälern und auf Hügeln. Ich schlenderte also über die Inseln, die alle per schmalen Dämmen und Brücken verbunden sind. Es war sehr idyllisch und ruhig gelegen. Viele Bäume ließen ihre Zweige in das Wasser hängen, worin sich fette Koi Karpfen tummelten. Immer wieder stand man vor einem kleinen Pavillon, der wieder einen neuen bezaubernden Blick auf die Natur freigab. Die größeren Gebäude, alle um die 300 Jahre alt, enthalten heute ein Museum, was sogar noch besser ausgestattet war, als die Artefakte in der verbotenen Stadt. Altes chinesisches Porzellan, Glas und Bronze, Gemälde mit Kalligraphie und Seidenmalerei waren zu bestaunen. Auch den einen oder anderen Thron habe ich entdeckt. Zwar konnte ich die Beschriftungen kaum lesen, sofern sie nicht auf englisch waren, aber schön war es trotzdem. Innenhöfe mit alten Bäumen und den obligatorischen Löwen als Wächter vor jedem Haupteingang. Leider musste ich mich viel zu früh schon wieder auf den Rückweg machen. Also der Zeitaufwand und das Ziel standen leider nicht wirklich in einem ausgewogenen Verhältnis.
Nun für morgen habe ich zwar auch etwas geplant, doch lasse ich es ab nun etwas ruhiger angehen. Leider kann ich aufgrund der nicht mehr erhältlichen Zugtickets nicht allle Ausflüge machen, die ich wollte. Selbst das nächste Ziel nach Peking musste ich schon canceln und das Hotel stornieren. Ich bleibe noch 2 Tage länger hier. Zu entdecken gibts genug, und so habe ich auch mehr als genug Zeit. Die nächsten Tickets sind jetzt aber gebucht! Außerdem muss ich noch einige Dinge organisieren und mich um meine Wäsche kümmern. Also morgen einmal ausschlafen.
