Also ich hatte ja schon recht hohe Erwartungen an diesen National Park, einfach weil er hier so gehyped wird. Es ist einer der bekanntesten und vielleicht auch schönsten Parks hier in China. Doch ehrlich gesagt, ich war von dem heutigen Tag etwas enttäuscht. Vielleicht lag es auch am Wetter, denn kurz nach Mittag fing es an zu regnen und so macht Wandern einfach keinen Spaß. (Es sei denn, man ist mit guten Freunden im Regenwald auf Domenica wandern.) Ganz sicher lag es aber an den tausenden von Touristen und Reisegruppen, die wieder unterwegs waren, obwohl weder Wochenende noch Ferien sind. Und ich schwöre, so rücksichtslose, rabiate, unverschämt drangelnde, alte Leute habe ich mein Lebtag noch nicht erlebt! Die kennen kein Pardon. Das ist schlimmer, als wenn das Buffet eröffnet wird! Der Park sollte seine Mitarbeiter da mal in Crowd Management schulen! Vielleicht lag es auch daran, daß ich mit falschen Vorstellungen hier ankam. Einerseits ist die Organisation mit den Shuttlebussen zwar sehr gut, denn man wartet nicht lange, denn die Busse fahren im Minutentakt. Andererseits sind die Ausschilderungen der Busse alle auf chinesisch und somit sehr verwirrend. Es gibt mehrere empfohlene Routen, die aber für einen Ausländer kaum klar ersichtlich oder ausgewiesen sind. Insofern wäre es besser gewesen, eine teure Tour zu buchen. Einzeltickets werden blöderweise aber auch nur im Paket für 4 Tage verkauft, was das alles ohnehin schon teuer genug macht. Eine Tour schlägt da noch was drauf, auch wenn man nur einen Tag unterwegs ist. Und ich mag es absolut nicht, im Pulk wie die Schafe, hintereinander her zu trotten. Jedenfalls war der Tag also nur so semi-toll. Sicher, ich habe die Landschaft gesehen, genießen konnte ich sie nicht. Die Berge und Felsformationen sind sicher einzigartig und spannend, doch sind es stets nur Momentaufnahmen. Man fährt per Bus von Punkt zu Punkt, jedesmal mit Anstehen, Schieben und Drängeln, will dann sein Foto machen, sofern man auf dem Weg nicht hinter einer langsamen Gruppe festhängt, die man nicht überholen kann, dann werden die aussichtsreichsten Plätze für ein Foto lange blockiert, da sich jeder viel Zeit nimmt, inklusive Selfie natürlich und schließlich nach zwei Fotos und 10 Sekunden ist man fertig und könnte weiter. „Anfahrt“ dauert mehr als 30 Minuten, das Foto selbst nur wenige Sekunden. Das Verhältnis stimmt nicht. Viel mehr, also verschiedene Blickwinkel, sind kaum möglich, denn der Platz ist begrenzt. Und viel Wandern und Natur wirklich genießen ist auch kaum möglich. Die Wanderwege sind verstopft und auf den Straßen heizen die Busfahrer um die Kurven, daß ich oft dachte, jetzt kippen wir um. Nicht zu vergessen die Tourguides, deren Standardausrüstung neben dem Fähnchen auch ein umgehängter Lautsprecher beinhaltet. Also Natur erleben Stelle ich mir anders vor! Im Vergleich zu den amerikanischen National Parks, ist das hier Massenabfertigung und Natur-Ausbeutung. Achja, bei jedem Aussichtspunkt und jeder Bushaltestelle stehen natürlich auch jede Menge Händler. Essen, Getränke, Souvenirs, alles, was man vielleicht vergessen hat und Fotografen, manchmal sogar Kostümverleih. Für diejenigen, die sich in Landestracht vor Landschaft fotografieren lassen wollen. Naja, wie dann der Regen kam, war bei mir endgültig der Ofen aus und ich wollte nur noch fliehen. Den Bailong Aufzug musste ich aber noch mitnehmen, schließlich hatte ich für den bezahlt. Dies ist mit 325 Metern der höchste Outdoor Aufzug der Welt. Übrigens muss man neben dem Eintritt in den Park natürlich jede Fahrt mit Seilbahn oder Aufzug extra noch mal zahlen. Und ohne Seilbahn kommt man eigentlich kaum auf die Höhe, auf der sich der Park befindet. Die Felsformationen sind eigentlich tausende Felsnadeln, die zum einen komplett bewachsen, zum anderen bis zu 1000 Meter hoch und oftmals an der Basis schmaler sind als in der Höhe. Unten am Fuße kann man kaum entlang gehen, die Wege führen in der Höhe drumherum. Dann sah ich ein Schild mit der Warnung vor wilden Affen. Ich dachte mir, bei dem Massentourismus lebt doch kaum noch ein Tier hier! Doch tatsächlich sah ich einen Affen. Im Regen. Und er sah auch nicht glücklich aus. Das einzige Gute war, daß der Regen auch Nebel produzierte, was den Bergen ein Pandora-typisches Aussehen verpasste. Ohne diese vielen Menschen wäre vielleicht sogar etwas Stimmung aufgekommen. Fazit also: gut überlegen, ob es das alles Wert ist.
Die nächsten Tage werden aber entspannter. Morgen ist wieder Reisetag, doch die Zugfahrt dauert nur eine Stunde. Mein nächster Halt ist in die mittelalterlichen Stadt Fenghuang (Phoenix) Ancient Town, wo man das alte China noch erleben kann. Wie zu Kaisers Zeiten also. Hoffentlich werde ich nicht zu oft übers Ohr gehauen. Geplant ist eigentlich nichts weiter, als mir die Altstadt anzuschauen, ein bisschen bummeln gehen und mal wieder ausschlafen. Me-Time; wie eine gute Freundin immer sagt. Zeit für mich.
