Also ich habe heute etwas 250 Fotos gemacht, doch mehr oder weniger alle mit dem gleichen Motiv. Die große Mauer von China. Das war eines der großen Highlights meiner Reise durch China, neben der verbotenen Stadt (die ich schon habe} und der Terracotta Armee (die noch kommt). Nahe Peking – also bis 100km entfernt – gibt es 4 Abschnitte, die man besuchen kann. Und bei dem Abschnitt Mutianyu war ich heute. Es hieß, er sollte nicht ganz so überlaufen sein, wie der bekanntere Abschnitt Badaling. Was ich nur nicht bedacht hatte, war, daß heute die verbotene Stadt ja auch geschlossen hat und somit sämtliche Ausflügler auch auf die Mauer geströmt sind. Und wie gesagt, es herrscht gerade ein kleiner Ausnahmezustand in China – Ferien. Also es war dann doch extrem voll und oft genug musste ich warten und Schlange-stehen. Mutianyu teilt sich noch einmal in einen östlichen und einen westlichen Bereich mit jeweils 6 Wachtürmen. Da ich jedoch viel Zeit hatte, machte ich beide. Also los. Ein Anbieter offerierte eine simple Busfahrt hin und zurück für kleines Geld. Habe ich gebucht und los ging’s. 1,5 Stunden später waren wir da, kurze Einweisung und los. Erst mit einer Seilbahn hoch; ein offener Zweisitzer übrigens. Hat viel Spaß gemacht und man konnte die Natur schon mal bewundern, denn es ist natürlich sehr bergig in der Gegend. Oben angekommen war ich noch ausgeruht und hatte noch viel Energie. Doch, es war schon gegen 10, da fing die Sonne langsam an zu brennen. Das letzte Stück zum letzten Wachturm war besonders anstrengend, denn es ging in einem unglaublichen Winkel nach oben. Weit über 45° Grad! Die armen Kerle, die da täglich in voller Rüstung hoch mussten, haben wenigstens genauso geschnauft, wie ich zum Schluss. Und da das ganze ja kein Rundkurs ist, ging es den gleichen Weg auch wieder zurück. Dann ging’s aber per Sommerrodelbahn wieder runter, was sehr viel Spaß machte. Hätte zumindest manchen können, wenn die Großfamilie vor mir nicht ständig die Fahrt verringert hätte, um Fotos zu schießen. Aber gut, es ging ja dann doch. Übrigens standen über die ganze Strecke Aufpasser (Polizei) und Kameras sowieso. Also zu schnell oder Überholen ging gar nicht! Mit einer 8-Mann-Gondel ging es dann wieder nach oben für den westlichen Bereich. Der war anstrengender, weil steiler an mehreren Stellen und auch voller. Eigentlich war die Mauerkrone ja breit genug für 2 Pferde nebeneinander oder auch für zwei Personen. Nur die Zugänge zu den Wachtürmen leider nicht. Da passte oftmals nur ein Krieger in voller Rüstung gerade mal so quer durch. Zwei Menschen oft genug gar nicht. Für hoch- und runter laufenden Leute. Da wurde es extrem eng. Dazu kommt, daß viele wirklich alte Leute und auch viele, viele Kinder unterwegs waren. Und alle hatten ihre eigenes Tempo. Treppen runter und Treppen rauf. Die, die nicht mehr konnten, blieben unvermittelt stehen und japsten nach Luft. Zur Seite gehen fiel nur den wenigsten ein. Außerdem saßen da sowieso meistens welche, die auf ihrem Handy herum tippten. (Diese Handy Kultur ist sowieso unglaublich hier! Alles nur Handy Zombies! Sie laufen und starren stur auf das Display, kriegen von der Umwelt kaum etwas mit, Ecken überall an und verfallen in Zeitlupe. Zugegeben, es läuft fast alles über das Handy hier, aber trotzdem!) Jedenfalls war der Rückweg und Abstieg wenigstens genauso anstrengend, wobei der letzte Anstieg sogar als Hero slope (Helden Anstieg) bezeichnet wird, da er wirklich extrem steil ist, fast schon eine Leiter. Und die Stufen sind ja nicht alle gleich hoch! Nein nein, die haben alle eine andere Höhe, von 3 cm bis zu 45 cm. Sonst wird’s ja langweilig.
Übrigens kann man die Mauer natürlich nicht vom Weltraum aus sehen, aber es gehört zu UNESCO Welterbe und zu den neuen Weltwundern. Über 21.000 km ist sie insgesamt lang und die ältesten Abschnitte sind 2000 Jahre alt. Zu verschiedenen Zeiten wurde sie immer wieder ausgebaut, verbunden, verbessert und instandgesetzt. Allerdings verfehlte sie ihre Wirkung und ihren Zweck dann doch. Sie steht ja im Norden von China als Schutzwall gegen die Mongolen. Die kamen übrigens doch bis in die Kaiserstadt, da ihnen von einem Überläufer ein Tor geöffnet wurde. Das hat gereicht. Die große Invasion kam allerdings viel weiter im Süden. Und zwar dort, wo keine Mauer mehr stand. Heute wird sie zum großen Teil restauriert und steht unter Schutz. Weiter im Süden verfällt sie aber wohl dennoch. Unzählige Legenden und Geschichten – erfundene und wahre – gibt es heute über die Mauer. Vom ersten Kaiser und Mulan bis zu der Behauptung: das jeder Meter beim Bau ein Menschenleben kostete. Allerdings soll der Mörtel wohl immer noch phänomenal halten. Vieles ist hervorragend dokumentiert, denn die Papierherstellung und Schreibkunst ist ja bereits weit länger hier bekannt, als in Europa. Die Interpretation all dessen bleibt aber jedem selbst überlassen. Ich für meinen Teil liebe solche Geschichten. Und erst recht, wenn man die Geschichten anfassen kann!
