Immer wieder Überraschungen. Auch heute verlief der Tag nicht so, wie geplant. Ich hatte mir ja gestern Karten für den Stelenwald reserviert. Das hat auch gut geklappt. Der Stelenwald ist in sofern interessant, da hier die Vorläufer des Buchdrucks in China entstanden. Vor 2000 Jahren nämlich wurden hier 12 konfuzianische Klassiker in Stein gemeißelt, wovon später immer wieder Abschriften gemacht wurden, die dann quasi unverfälscht waren. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Werke, Gedichte, Gesetze und Schriften berühmter Poeten und Kalligrafen dazu, sodass es schließlich über 1000 Stelen wurden. Stelen sind aufrechtstehende Steinblöcke, die mit Schriftzeichen graviert wurden. Manche sind 5 Meter hoch und 1 Meter breit. Manche sind auch nur 0,5 Meter hoch, doch die Schriftzeichen messen stets nur 2 cm maximal. Ein Mitarbeiter demonstrierte sogar den Vorgang des Abkopierens mittels dünnem Bambuspapier, Druckerschwärze und verschiedenen Werkzeugen. Sehr beeindruckend. Die ganze Anlage ist ziemlich groß und umfasst mehrere Ausstellungshallen sowie einen großen Hof mit kleinem Garten. Ohne viel Hoffnung machte ich mich zum Mittag dann auf zur großen Wildganspagode. In dieser Ziegelpagode mit 7 Stockwerken wurden die Manuskripte und Schriften des Buddhismus ins chinesische übersetzt. Während der Tang-Dynastie vor 1400 Jahren reiste verbotenerweise ein Mönch über die Seidenstraße bis nach Indien und kehrte nach 26 Jahren als hochgeehrter Meister wieder zurück. Im Gepäck hatte er 657 buddhistische Schriften, die von ihm und seinen Schülern übersetzt und schließlich verbreitet wurden. Auch hier gibt es natürlich mehrere Tempel, einen großen Park mit Bambuswald, Rosengarten, Steingärten und einem kleinen Trommelturm. Ich glaube, ich habe heute vielleicht nicht alle 10.000 Erscheinungsformen von Buddha, aber doch ziemlich viele, gesehen. Ein Mann mit 1000 Gesichtern. Bestimmt. Zum Abend machte ich mich nochmals auf, denn ich hatte ja auch Karten für die Mauer. Die Stadtmauer von XiAn ist die, die am Besten erhalten und vor allem auch noch vollständig ist. 14 km lang und 12 Meter hoch. An der Basis bis zu 14 Meter breit, an der Krone bis zu 12. Natürlich gibt es jede Menge Häuser und Wachtürme auf der Krone, die in schöner Regelmäßigkeit auch Schießscharten aufweist. Leider kühlte es sich Abends zum ersten Mal ziemlich ab. Und ausgerechnet heute hatte ich zum ersten Mal keine Jacke bei und eine kurze Hose an. Es wurde sehr windig, regnerisch und kühl. Also sehr unangenehm, sodass ich den Spaziergang leider nicht sehr genießen konnte. Aber eine tolle Aussicht hatte man schon. Auf der äußeren Seite umgibt die Mauer auch ein schmaler Streifen Parklandschaft, der sehr gepflegt ist. Gewundene Wege, Steingärten, Laubengänge, Rosenbeete und viel Platz für das morgendliche Tai-Chi. Sehr malerisch! Im umgebenden Wassergraben leben übrigens fette Kois und Goldfische! Morgen geht’s aber nun wirklich zu den Ton-Kriegern. Und für den Nachmittag habe ich sogar Karten für das Geschichtsmuseum ergattern können. Es heißt, das historische Museum von XiAn ist ein absolutes Highlight, allein schon durch das Alter der Stadt und der Bedeutung der Seidenstraße, die ja hier begann und endete. Na ich bin gespannt!
