Quarantäne

Quarantäne ist scheiße. Nein wirklich, Quarantäne ist eine wirklich blöde Erfindung. Obwohl sie sicherlich ihren Zweck erfüllt, ist sie für den Betreffenden doch ein absolut nervtötendes Übel. Es gibt kaum etwas zu tun, kaum Kontakte und kaum Abwechslung. Abgesehen von virtuellen Kontakten via Internet, unterhalte ich mich dann und wann mal mit meiner Balkon Nachbarin. Doch sie hat es fast geschafft und darf demnächst die Quarantäne beenden. Zu tun gibt es auch nix, selbst die Online Kurse sind alle abgeschlossen. Und auch Abwechslung haben wir nur minimal. Die Aussicht, wenn sie auch weit und ungehindert über das Meer geht, und wir meilenweit das Ufer betrachten können, ist doch nach Tagen eintönig und trist. Abgesehen von den (Hoch)Häusern der nahen Hauptstadt Las Palmas, ist die übrige Landschaft doch eher braun und von Vegetation keine Spur. Staubige weite Ebenen, kahle Felsen und stumpfe Bergrücken sind zu sehen. Kein Grün. Kein Baum. Keine Blume. Nix. Nur das tiefe Blau des Wassers schimmert in vielen Schattierungen an der Bordwand des Schiffes. Dazu kommt, das es im Schatten recht frisch ist, aber trotzdem eine fühlbare Luftfeuchtigkeit herrscht. Ein scheinbarer Wiederspruch, der sich irgendwie nicht richtig oder zumindest fremd anfühlt.

Und da ich nicht den ganzen Tag vor dem kleinen Fernseher kleben will, lese ich halt viel. In 4 Tagen habe ich bereits zwei mittel-dicke Bücher durch. Einen Sci-Fi Roman, der in Jerusalem spielt und einen deutschen Roman, wie er typischer nicht sein könnte. Heute fing ich das dritte an. Einen Roman über Ausbrecher und Abenteurer in Südafrika. Und promt stellt sich auch bei mir wieder die Unruhe, die Rastlosigkeit ein. Das Gefühl, dem ich vor 7,5 Jahren nachgegeben habe und zur See gegangen bin. Raus aus dem Alltag, rein ins Abenteuer. Raus aus der Komfortzone und rein ins Unbekannte. Nicht dem Leben hinterher laufen, sondern selbst bestimmen, wo es lang geht. Manche Bücher haben mich doch sehr inspiriert und motiviert. Und dann findet man sich wieder auf 15 Quadratmetern, komfortabel festgesetzt mit Aussicht und Roomservice. Nett und bequem, aber unbefriedigend und resignierend.

Und dann fangen die Gedanken wieder wild an, im Kopf herum wirbeln. Erinnerungen kommen hoch an Orte, wo man gewesen ist; Erfahrungen, die man gemacht hat oder Begebenheiten, die man erlebt hat… Nordlichter beobachten des nachts in Norwegen. Der feierlichen Stille lauschend in der Kathedrale von Canterbury. Die Aussicht auf 2 Ozeane genießen vom Tafelberg in Kapstadt. Jetski fahren bei den Inseln von Key West. Krokodile beobachten in den Everglades von Florida. Kokosnüsse schlürfen am Strand von Shianoukville in Kambodscha. Über den Central Park schauen vom Empire State Building aus. Unter der Harbour Bridge von Sydney hindurch am Opera House vorbei fahren. Helikopter Rundflug über den Fidjis. Rochen streicheln bei Cayman Islands. Die Kirschblüte in Japan erleben. Und noch viel mehr. Und doch gibt es noch so viel mehr, was ich sehen möchte, erleben möchte. Am Rande des Grand Canyon stehen. Den Sternenhimmel im Outback sehen. Die Ruinen von Angkor Wat erkunden. Die Seidenstraße entlang wandern. Segeln am Great Barrier Reef. Vulkane auf Hawaii besteigen. Wale in Neuseeland beobachten. Die Lichter von Las Vegas sehen. Über die große Mauer in China laufen. Die Unabhängigkeitserklärung mit eigenen Augen sehen. Mit den Fischen schwimmen vor Bali. Und mehr, viel mehr… Wenn die Welt irgendwann wieder normal wird. Doch bis dahin bleiben uns nix weiter als Träume und die Hoffnung, daß es tatsächlich wieder wird, wie einst. Daß wir all die Geschichten erleben können, die wir erzählen wollen…

rgendwo hinter dem Horizont geht’s weiter
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